Grundlagen für ein perfektes Porträtfoto: das Meempolium

Wodurch wird ein Porträtfoto zu einem perfekten Porträtfoto? Negativbeispiele sind viele online zu finden. Hier hat man beim Betrachten des Fotos das Gefühlt, dass man weder eine Emotion noch eine Geschichte sieht, sondern nur eine Ablichtung von einem Menschen, dem bestenfalls gesagt wurde „bitte lächeln“. Fotos, denen man nur wenigen Bruchteile seiner Zeit schenkt und die sofort wieder aus dem Gedächtnis sind.

Bei positiven Beispielen wird eine Emotion und/oder eine Geschichte vermittelt. Aber wie kommt es zustande?

Hier habe ich für meine Porträtfotokurse und Workshops das Meempolium-Prinzip entwickelt.

Meempolium: das Workout für Fotografen für perfekte Porträtfotos

Meempolium: das Workout für Fotografen für perfekte Porträtfotos
Vielen Dank an Wolfgang fürs die Porträt-Sitzung

Der Bildtitel ist „Workout für Fotografen“. Und hier sieht man das Prinzip von Meempolium.

Porträtfotografie besteht auf diesen 5 Bereichen:

  1. Dem Menschen/die Person
  2. Die Emotion (passend zum Menschen/Person)
  3. Die Pose (passend zu Emotion und Mensch/Person)
  4. Das Licht (passend zur Pose und somit passend zu Emotion und Mensch/Person)
  5. Die Umgebung (passend zum Licht, zur Pose, zur Emotion und Mensch/Person)
    –> mit Umgebung ist sowohl Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund gemeint!

Wenn man die Wörter zählt, erhält man die Wichtigkeit der einzelnen Bereiche!

Also kurz „MeEmPoLiUm“

Die Kamera und Technik selbst ist nur Zweck zum Mittel!

Aber schauen wir uns die Punkte genauer an.

1. der Mensch beim Porträtfoto

Sehr bewusst steht der Mensch bei der Aufzählung an erster Stelle. Unser Punkt 1 ist der Mensch. Hierbei ist immens wichtig, dass sie Fotograf und Fotografierter sympathisch sind, wenn sympathische Fotos als Ergebnis herauskommen sollen!

Im konkreten Beispiel sieht das bei mir so aus, dass ich mich vor (und meistens auch während) einem Shooting mit dem Menschen unterhalte. Das Shooting soll „nebenher“ sein, da viele Menschen ein Fotoshooting als eher unangenehm empfinden. Tritt das Shooting in den Hintergrund und wird man als Mensch mit den eigenen Interessen wahrgenommen, öffnet man sich. Hier hilft, als Fotograf einfach Fragen zu stellen. Interessiert sich jemand für Kraftsport, kann man genau darüber fragen und wenn man selbst keinen Plan über das Thema hat, hat man danach gute Chancen, mehr darüber zu wissen.

Wirkliches Interesse am Gegenüber ist der Schlüssel für gute Porträtfotos!

Hier findet sich auch die wirkliche Bedeutung von „ist dein Foto nicht gut, musst du näher an das Motiv“. Hier ist wichtig, dass man das „Näher an das Motiv“ bei der Porträtfotografie richtig versteht! Rückt man einem Menschen zu nahe auf die Pelle, wird er sich unwohl fühlen und entsprechende Reaktionen zeigen. Der übliche Abstand in unserer westlichen Gesellschaft ist eine Armlänge – unter Freunde ist es näher – unter Liebespaar deutlich näher. Nach COVID-19 ist der Abstand für einige Menschen bei 1,5 Meter geblieben. Näher heran bedeutet in der Porträtfotografie im Klartext: näher an das Interesse des Menschen. Beschäftigen Sie sich mit dem Menschen und was ihm wichtig ist und was ihm aus seiner Sicht ausmacht – wofür er „brennt“ und wofür er sich begeistert. Und sobald man das Thema hat, das den Menschen begeistert, wird diese Emotion auch im Foto zutage treten (können). Herausragende Fotografen beschäftigen sich bereits vor dem Shooting mit dem Menschen. Soll ein Autor abgelichtet werden, wird im Vorfeld seine Bücher gelesen. Ist es ein Hobbytaucher, kann man sich über die Art des Tauchens und seine Erlebnisse unterhalten. Fotografieren bildet den Fotografen weiter.

Natürlich gibt es keine Regel ohne Ausnahme. Möchte man ein Foto von einer Person machen, der einen gerade hasst, dann benötigt man nicht wirklich die Sympathie des anderen Menschen, sondern eher das Gegenteil. Hier sprechen wir bereits vom folgenden Punkt in unserem Prinzip MeEmPoLiUm: der Emotion!

2. Emotion in der Porträtfotografie

Einige Fotografen haben als Grundsatz, dass jeder Mensch auf Ihren Fotos fröhlich oder zumindest glücklich aussehen muss. Das ist eine Annahme, die einem hervorragenden Porträtfoto im Weg stehen kann. Nicht jeder Mensch ist grundsätzlich fröhlich. Stellen Sie sich einfach ein Porträtfoto von dem Autor Stephen King vor, der durch seine Horrorromane bekannt wurde. Was für ein Gesichtsausdruck taucht jetzt vor ihrem inneren Auge auf?

Die Emotion muss zum Thema des Porträts passen!

Anderes Beispiel aus der Geschichte der Fotografie gefällig? Eines der am häufigsten reproduzierten Fotos zeigt Winston Churchill, fotografiert durch Yousuf Karsh.

Hier haben wir einen grimmigen, verärgerten und zugleich nachdenklichen Mann abgelichtet. Wie konnte Yousuf Karsh in einer extrem kurzen Zeit dieses geschichtsträchtige Foto ablichten? Churchill war dafür bekannt, dass er weder Fotografien noch Fotografen besonders leiden konnte. Nach einer Rede 1941 wurde Churchill ohne Vorwarnung in den vorbereiteten Raum für das Foto geführt. Als er sich widerwillig für das Foto vor eine Wand platzierte, zündete er sich eine seiner Zigarren an (er war permanent am Rauchen). Und genau diese Zigarre wurde ihm ohne Bitte und Vorwarnung vom Fotografen aus der Hand genommen und gleich das Foto geschossen. Das ist das Foto, das um die Welt ging und für Menschen zum Stand von Churchill zum tobenden 2. Weltkrieg gefühlsmäßig direkt seinen Standpunkt ausdrückt. Wer sich das Foto ansehen möchte: https://karsh.org/photographs/winston-churchill/

Bei MeEmPoLiUm steht also an zweiter Stelle die Emotion, die aber unbedingt zum Menschen passen muss! Versuchen Sie einmal einen Menschen ein für ihn unpassendes Gefühl ausdrücken zu lassen. Das wird normalerweise schiefgehen, falls der Mensch kein perfekter Schauspieler ist. Probieren Sie es aus. Das Foto danach wird für Betrachter nicht stimmig sein, wobei viele Betrachter nicht begründen können, was an dem Foto nicht stimmt. Wir brauchen also die zum Menschen passende Emotion und wie ein Mensch tickt, bekommen wir nur heraus, wenn wir uns als Fotograf mit dem Mensch unterhalten und beschäftigen (siehe Punkt 1: Mensch).

3. Pose passend zur Emotion und Menschen

Und nun schauen wir uns die auf dem Foto eingenommene Pose an. Diese muss zu den vorherigen zwei Punkten Emotion und zum Menschen passen. Eine mit hängenden Schultern gezeigte gespielte Fröhlichkeit wird dem späteren Betrachter auffallen. Viele Betrachter werden nicht direkt ausdrücken können, was an dem Foto nicht passt, aber emotional einfach fühlen, dass da irgendwas nicht passt und somit das Foto ablehnen bzw. als schlecht empfinden.

Also die passende Pose zum Menschen und Emotion finden. Dafür steht an dritter Stelle das „Po“ in MeEmPoLiUm.

4. Licht passend zu Pose, Emotion und Menschen

Jetzt wird es für uns Fotografen technischer. Jetzt erst kommt das Licht in allen seinen Ausprägungen. Im obigen Foto wurde gezielt für die Betonung der Muskeln im Hintergrund rot als Licht eingesetzt. Dies unterstützt das Workout-Foto.

Das Licht und seine Qualität sollten zu unseren 3 Punkten davor passen.

Z.B. Ein hartes Licht passt nicht direkt zu einem lieblichen Hochzeitsfoto.

Oder ein weiches Licht passt nicht zu einem Foto von einem Boxer.

Hier sollten wir unser Licht entsprechend Mensch, Emotion und Pose wählen. Jetzt können wir uns die technische Frage machen, ob weiches oder hartes Licht, welche Lichtfarbe für Motiv und Hintergrund passen und woher das Licht kommt (Hochfrontal, Seitenlicht, Kantenlicht, etc.).

5. Umgebung

Und als letzter Punkt, um unser Foto abzurunden, wird die Umgebung in unsere Überlegungen einbezogen. Dabei ist bei unserem Porträt mit der Umgebung sowohl Hintergrund, Vordergrund als auch zusätzliche Utensilien, die der Porträtierte vielleicht in der Hand hat, gemeint. Nach dem MeEmPoLiUm-Prinzip muss die Wahl der Umgebung passend zu Licht, Pose, Emotion und Mensch sein.

Grundsätzliches zu Kamera und Technik

Wer bei der Aufzählung nun Kamera und Technik vermisst, dem sei gesagt:

Die Kamera und Technik selbst ist nur Zweck zum Mittel!

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