Blitzen und Belichtungszeit in der Fotografie – Grundlagen
Was ist bei der Nutzung von Blitzlicht und der Belichtungszeit wichtig zu wissen? Hier ist der grundsätzliche technische Ablauf wichtig für das Verständnis und zum Vermeiden von Problemen.
Hier haben wir 3 Fälle, die wir mit unserem Blitzlicht abdecken wollen:
- das Foto soll nur durch das Blitzlicht belichtet werden (ideale Verschlusszeit/Blitzsynchronzeit einstellen)
- das Foto soll durch Blitzlicht und Umgebungslicht belichtet werden. Die Verschlusszeit wird verlängert, damit das Umgebungslicht zum Tragen kommt, meistens wird dann deutlich weniger Blitzleistung benötigt
- wir möchten helles Umgebungslicht aussperren: Die Belichtungszeit ist kürzer als die Blitzsynchronzeit -> Umgehung der Blitzsynchronzeit durch den HSS-Modus (HSS-Modus)
Schauen wir uns den technischen Ablauf an und diese die Fälle.
Nur Blitzlicht für das Foto ohne Umgebungslicht
Nehmen wir an, wir sind in einem Fotostudio oder Indoor. Wenn wir unseren Blitz bei einer Belichtungszeit von 1/125 Sekunde nutzen (mit ISO 100 und Blende 8), und die Lichtleistung des Blitzes passend eingestellt haben, dann erhalten wir ein perfekt belichtetes Foto.
Was passiert, wenn wir nun nur die Belichtungszeit verstellen? Beispielsweise auf eine Belichtungszeit von 1/30 gehen, also 2 Blendenschritte Unterschied – ist unser Bild dann mit 2 Blendenwerten überbelichtet?
Im Studio, nein! Outdoor kommt es auf die vorhandene natürliche Lichtmenge an. Warum ist das so? Unsere Belichtungszeit ist dafür da, Umgebungslicht einzusammeln. Ist allerdings nicht genügend Umgebungslicht für unsere Kombination Blendenzahl/ISO vorhanden, ändert das Umgebungslicht nicht die Helligkeit des Fotos. Nur die Blitzleistung (die wir nicht geändert haben) bestimmt die Helligkeit des Fotos. Und hier ist es egal, ob wir 1/125 oder 1/30 eingestellt haben.
MERKE: Die Belichtungszeit hat im Fotostudio keinen Einfluss auf die Helligkeit/Leistung vom Blitz, sondern ist nur dann relevant, wenn auch Umgebungslicht integriert werden soll.
Schauen wir es uns anhand einer Grafik an. Wir haben in dem folgenden Beispiel die Verschlusszeit auf 1/200 Sekunden eingestellt. Sobald wir auslösen, öffnet sich der erste Verschlussvorhang und gibt den Bildsensor frei. Jetzt zündet der Blitz (als grüne Kurve dargestellt). Wir haben hier einen schnellen Anstieg der Lichtleistung und diese fällt dann langsamer ab. Nachdem der Blitz seine Lichtleistung abgegeben hat (was innerhalb der 1/200 Sekunden geschieht), schließt der zweite Verschlussvorhang. Haben wir die Lichtleistung passend für unsere fotografischen Werte eingestellt, haben wir ein perfekt belichtetes Foto.
[bild[Blitzlicht auf kompletter Sensorfläche und die 2 Verschlussvorhänge]]Hier kommt also mit dem Schlitzverschluss der Kamera der limitierende Faktor. Der Sensor muss komplett freigegeben sein und darf nicht durch Teile des Verschlussvorhangs bedeckt sein.
Ist er nur halb offen und verdecken die Verschlussvorhänge Teile des Sensors durch eine sehr kurze Verschlusszeit, kann das Blitzlicht nur den offenen Bereich des Sensors belichten. Unser Foto hätte somit einen abgeschatteten Bereich.
Auf der linken Seite der Grafik haben wir den komplett geöffneten Bildsensor, wenn der Blitz zündet. Auf der rechten Seite der Grafik ist die Belichtungszeit so kurz eingestellt, dass der zweite Verschlussvorhang bereits dem ersten hinterherläuft und somit immer nur ein Schlitz sichtbar ist. Zündet nun der Blitz, wird nur der gerade freie Bereich des Bildsensors belichtet. Die anderen Bereiche sind abgeschattet und somit dunkel:
Verkürzen wir nun die Belichtungszeit. Nutzen wir für unseren Test eine kürzere Zeit als 1/250 (beispielsweise 1/320, 1/400 oder noch kürzer), passiert in unserem Foto etwas Unschönes! Wir bekommen einen abgedunkelten Bereich. Was passiert technisch? Der Verschlussvorhang kommt jetzt mit ins Bild, der nicht unendlich schnell ist. Unser Sensor muss komplett offen sein und darf nicht durch einen der 2 Verschlussvorhänge abgedeckt werden. Hier rächt sich der Schlitzverschluss. Anhand der folgenden Skizze wird dies klar, dass ab einer bestimmten Belichtungszeit (je nach Kamera beginnt das ab 1/250 Sekunde) startet der zweite Verschlussvorhang bereits, obwohl der erste noch nicht am Ende angekommen ist. Somit fährt ein mehr oder weniger großer Schlitz über unser Bild und das Bild kann nur zum Teil belichtet werden (der Bildsensor ist nicht komplett frei und wird immer von einem Teil des Verschlussvorhangs verdeckt).
Der oben abgebildete Sachverhalt wird nochmals in einer anderen Form dargestellt. Diese Form kennen wir aus der ersten Abbildung aus diesem Kapitel.
[bild[Blitzlicht belichtet nur einen Teil der Sensorfläche: der Rest durch zweiten Verschlussvorhang verdeckt ist]]Nutzen wir eine zu kurze Belichtungszeit wie im obigen Beispiel mit 1/500 Sekunde als Belichtungszeit, erhält nur einen Teil unseres Fotos Licht, da der Rest des Bildsensors vom Verschlussvorhang zum Zeitpunkt des Blitzes „abgeschattet“ ist.
Deswegen ist die vom Hersteller für das Kameramodell angegebene Blitzsynchronzeit wichtig.
Blitzsynchronzeit = Zeit, in der die Sensorfläche komplett offen ist
Die Blitzsynchronzeit ist also die Zeit, in der der Bildsensor komplett offen ist und somit vom Blitz komplett belichtet werden kann. Hier kommt zur Kamera auch noch der Funkauslöser mit in die Zeitrechnung, denn auch dieser „verbraucht“ Zeit und verzögert die Aufnahme unter Umständen. Auch wenn die Kamera 1/250 Sekunden als Blitzsynchronzeit bietet, kann es zu Problemen kommen! Daher arbeitet man in der Praxis gerne mit 1/200 Sekunden oder längerer Verschlusszeit mit 1/125 Sekunde!
Der Möglichkeit, das Problem der Blitzsynchronzeit zu umgehen
Nehmen wir an, dass wir bei hellem Sonnenschein fotografieren wollen (oder müssen), aber dass das Sonnenlicht für das Foto ausgeschlossen werden soll. Jetzt gibt es die Möglichkeit, die Blende weiter zu schließen, sodass weniger Licht in unsere Kamera kommt (das geht nicht unendlich lang). Wir können den ISO-Wert nur bis zu einem gewissen Grad verkleinern. Meistens ist bei ISO 100 Schluss. Und dann bleibt die Verkürzung der Schlusszeit.
Hier würde uns die Blitzsynchronzeit begrenzen. Daher haben viele Geräte einen „schnellen“ Modus. Der HSS-Modus, in dem nicht der Blitz nur einmal gezündet wird, sondern viele kleine hintereinander, damit alle Bereiche des Bildsensors belichtet werden, auch wenn einige Bereiche bereits durch einen Verschlussvorhang abgeschattet oder noch gar nicht freigegeben sind.
In der folgenden Grafik sieht man diesen HSS-Modus in Aktion.
[bild[Funktion des HSS-Modus]]Dies nur zur Vollständigkeit – es wird ein eigenständiges Kapitel zum Blitzen im HSS-Modus geben.
Umgebungslicht und Blitzlicht für das Foto nutzen
Möchten wir für unser Foto neben dem Blitzlicht das Umgebungslicht einbeziehen, dann müssen wir die Belichtungszeit verlängern und gegebenenfalls die Blitzleistung senken.
In der folgenden Grafik wird über die grüne Linie die Lichtmenge des Blitzlichtes sichtbar. Wer rechnen mag: Alles unter der Kurve entspricht der Lichtmenge des Blitzes.
Zusätzlich kommt das Umgebungslicht zum Tragen. Dies ist durch die gelbe Linie in der Grafik dargestellt. Je länger wir also unsere Belichtungszeit wählen, desto mehr Umgebungslicht kommt zum Tragen.
[bild[Blitzlicht und Umgebungslicht im Foto integrieren]]Wie schnell ist Blitzlicht?
Blitzlicht ist extrem schnell. Allerdings ist die Geschwindigkeit der Abbrenndauer unterschiedlich, je nach Qualität des Blitzes. Die Qualität eines Blitzkopfes wird daher neben seiner Konstanz in der Lichtfarbe auch durch seine mittlere Abbrennzeit bestimmt. Diese wird über die „t. 5“ angegeben. Das ist die Zeit, in der 50 % der Blitzleitung abgegeben wurden. Die Angabe „t. 1“ (90 % der Leistung) ist interessant für das Einfrieren von Bewegungen. Typische Zeiten für „t. 5“ liegen bei 1/4000 und 1/6000 – wer lieber Zeitangaben hat 10 Mikrosekunden (µs) für sehr schnelle Geräte bis zu mehreren Millisekunden für langsame Geräte.
Wir haben nach Auslösen des Blitzes das Lichtmaximum, das dann abfällt. Wie schnell dieses abfällt, bestimmt auch unsere Belichtungszeit im Foto. Die Kurve sollte innerhalb des Zeitfensters liegen, in dem der Schlitzverschluss bereits komplett geöffnet ist und die Sensorfläche somit frei ist.
[bild[Vergleich langsam zu schnell abbrennendes Blitzlicht ]]Die Qualität des Blitzkopfes und somit die Geschwindigkeit der Abbrennzeit ist besonders relevant, wenn wir Highspeed-Aufnahmen machen möchten. Beispiele dazu in Kapitel Highspeed-Fotografie.
Weitere limitierende Faktoren: Blitzauslöser
Denkbar wäre, dass wir als Belichtungszeit die schnellstmögliche Zeit, z.B. 1/250 Sekundemachen einstellen, wenn der Kamerahersteller diese Zeit als Blitzsynchron-Zeit angibt.
Dies ist allerdings nicht ratsam! Wir haben in der Kette zwischen Blitz und Kamera meistens noch ein weiteres Glied. Der Blitzauslöser, der beispielweise bei entfesselnden Blitzen auch Zeit „verbraucht“.
Wir können daher nicht die kürzestmögliche Zeit ohne eventuelle Probleme nutzen. Daher nutzt man gerne im Studio dann Zeiten wie 1/200 Sekunde oder 1/160 Sekunde. Bei diesen Zeiten spielt das Umgebungslicht, das im Studio eher schwach ist, keine große Rolle.
Sollte unser Blitzkopf über ein Kabel angebunden sein, dann kann die kürzere Belichtungszeit gewählt werden. Allerdings kann man auch einfach auf Nummer sicher gehen und 1/160 Sekunde als Belichtungszeit wählen. Es macht in der Praxis i.d.R. keinen Unterschied in der Bildhelligkeit, außer dass wir mehr Sicherheit vor abgeschatteten Bildbereichen haben.
Resümee: Blitzlicht und Belichtungszeit
In der Studiofotografie entfällt der Wert der Belichtungszeit als übliches Steuerelement für die Lichtmenge. Fotografieren wir nicht unter Studiobedingungen und wollen Umgebungslicht integrieren, dann können wir langsamere Zeiten problemlos nutzen, solange unsere Blitzkurve in das Zeitfenster passt, das unsere Verschlussvorhang vorgibt.
Auf die High Speed Synchronisation (HSS-Modus) wird in einem eigenen Kapitel eingegangen.