Männerakt – Männeraktfotografie
Ist Männeraktfotografie ein „Nischenprodukt“? Wo steht der Männerakt im Vergleich zur Aktfotografie bei Frauen?
Interessanterweise zieht der Männerakt im Verhältnis zum Frauenakt den Kürzeren. Obwohl aus technischer Sicht wenig Unterschied beim Fotografieren zwischen einem männlichen und einem weiblichen Körper besteht, wird dieses Gebiet der Fotografie von den wenigsten Fotografen und Fotografinnen aktiv bearbeitet.
Technisch gesehen gleich, aber von der Bildaussage und Bildaufbau mit großen Unterschieden zwischen den Geschlechtern ist die Beschäftigung mit der Männeraktfotografie erkenntnisgewinnbringend. Wie oft sieht man bei einem weiblichen Akt eine sehr männliche Pose wie auch bei einem männlichen Akt eine sehr weibliche Pose – beides irritiert den Betrachter. Durch die aktive Beschäftigung mit dem Männerakt bringt man als Fotograf seine fotografischen Kompetenzen weiter!
Oft ist das Denken in Schubladen und Unterschieden ein erster Schritt, sich einem Thema zu nähern.
Als weiblicher Charakter steht das runde, weiche und fürsorgliche. Bei Männern als Gegensatz das kantige, harte und dominante.
Kantige, harte Schatten – der maskuline Akt
Wir können also bereits bei der Nutzung des Schattens den ersten markanten Unterschied machen. Nutzen wir einen harten Schatten mit sehr direkten Übergängen, wird das Foto deutlich „männlicher“. Bitte hier nicht alles auf die Goldwaage legen – wir versuchen eine Annäherung an das Thema über Unterschiede. Natürlich kann man auch damit spielen, einen sehr kantigen Mann mit viel weichen Elementen wie einem sehr weichen Schatten zu versehen.
Kantig statt kurven betontes Posing
Das Posing beim männlichen Aktfoto werden wir geradlinig bis kantig gestalten. Würde man versuchen, durch Stand- und Spielbein bei einer Frau besonders Kurven herauszuarbeiten, werden durch das Posing beim Mann aktiv Muskeln angespannt.
Hier haben wir bei griechischen und römischen Statuen viele Beispiele.
Vorurteile über Männeraktfotos
Geschichtlich geprägt (und immer wieder in Songs besungen – z.B. Herbert Grönemeyer mit dem Song Männer und im Liedtext „Männer haben Muskeln“) finden sich die typischen Bodybuilder Muskelbilder und die dazugehörigen Posen.
Kopfkino statt primärer Geschlechtsteile
Hier haben wir eine Überdeckung zwischen dem weiblichen und männlichen Akt: Es geht beim männlichen Akt nicht darum, Penis und Skrotum primär zu zeigen. Hier entsteht viel mehr Spannung im Foto, wenn das Kopfkino des Betrachters bzw. der Betrachterin angesprochen wird. Andererseits muss nun auch nicht „versteckt“ werden. Je nach Posing kann der Penis sichtbar sein und es würde merkwürdig aussehen, wenn hier dann auf Biegen und Brechen versucht wird, dass dieser auf dem Foto nicht sichtbar ist.
Wichtig ist, dass die Gesetzgebung beachtet wird. Ab einem Winkel von 45 Grad produziert man als Fotograf*in Pornografie! Und dies ist bei den wenigsten die Zielsetzung.
Um noch einen Ausflug zu den antiken Statuen zu machen. Hier wird man meistens sehr kleine Penisse sehen. Für die Griechen wurde ein großer Penis mit Barbaren gleichgesetzt (und um mal Zahlen zu haben: Eine durchschnittliche Penislänge in Deutschland liegt zwischen 7 und 10 Zentimeter und erigiert bis 16 Zentimeter). Die Römer haben mit den Wertvorstellungen den Griechen gleichzogen und die Renaissance-Künstler haben dies übernommen.
Für uns als Fotografen sollte also die Größe des Penis des Models ohne Relevanz sein. Zumal wir ohnehin auf sehr vielen Fotos durch Schatten oder Beinstellung den Penis nicht sichtbar auf unserem Foto haben.
Was erwarten Frauen von einem Männeraktfoto?
Interessant ist die Frage an Frauen, was diese von einem Männeraktfoto erwarten. Hier gibt es eine Vielzahl an Antworten über „starke Arme“, einem Sixpack (oder Eightpack), Brustbehaarung, Bart oder keinen Bart, Muskeln. Sporadisch taucht hier die Erwartung an einer fotografischen Darstellung des Penis auf. Umso mehr verwunderlich ist die massenhafte Versendung desselben von Männern an Frauen per Handy, die diese Dickpics regelmäßig auch ungefragt bekommen.
Frauen erwarten Kopfkino – nicht blanke Tatsachen!
Eine zu testosterongetriebene Pose kann auch Frauen Angst machen und regt dann definitiv kein Kopfkino an. Also je nach Zielgruppe ist der Aufbau eines Fotos ein anderer.
Natürlich ist es legitim zu fragen, was homosexuell ausgerichtete Männer von einem männlichen Aktfoto erwarten. Hier habe ich leider wenig Informationen, da ich wenige dieser Zielgruppe befragen konnte. Hier können Sie mir gerne Informationen zukommen lassen.
Geschichte des Männerakts
Homophobie dürfte ein Grund des Ungleichgewichts zwischen Männerakt und Frauenakt sein. Diese Homophobie wurde auch je nach Zeit sehr deutlich in Gesetzte zementiert. Dabei wurde je nach Gesellschaft nicht zimperlich damit umgegangen – es stand teilweise auch die Todesstrafe auf homosexuelle Handlungen – auch in Deutschland ist der Paragraf § 175 noch nicht so lange Geschichte! Dieser existierte bis zum 11.6.1994 und stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen des männlichen Geschlechts unter Strafe. Hier ist interessant, dass es sich nur um das männliche Geschlecht handelt.
Als Fotograf (diesmal wirklich die männliche Form) wird man schnell merkwürdig angesehen, wenn man erzählt, dass man sich mit dem männlichen Akt in der Fotografie beschäftigt.
Sehr lange Zeit wurde der männliche Akt als Foto dann primär im Bereich Bodybuilding gezeigt. Hier war die Akzeptanz da, da es sich ja um Sport handelt und das Ergebnis nur in fast nackter Form gezeigt werden kann.
In der griechischen und römischen Bilderwelt wurden die Götter entsprechend heroisch halb nackt, mit Muskeln bepackt dargestellt. Dieses „Männer“-Bild ist natürlich für den heutigen „Standard-Man“ nicht hilfreich und für viele aufwachsende männliche Jugendliche ein gefühltes Problem.
Über den Umweg von „angeblicher“ Kunst hat man den Akt im Allgemeinen und auch den Männerakt in Gemälden und Fotos untergebracht. Man hat die Handlung des Bildes mit griechischem Hintergrund belegt. Ganz groß um 1900 bei diesem Thema waren „Wilhelm von Gloeden“ und „Wilhelm Plüschow“. Die Fotografen fotografierten die sizilianischen Knaben mit griechischen Requisiten, Kostümen und Hintergrundkulissen. Dabei wurden vielfach die Geschlechtsteile deutlich ins Blickfeld gerückt. Die homosexuelle Ausrichtung von Wilhelm von Gloeden hat schätzungsweise die Fotos stark beeinflusst, wie später auch die Fotos von Robert Mapplethorpe in den 1970 und 1980.
WEITERER TEXT ZUR GESCHICHTE DES MÄNNERAKTS FOLGEN
Herausforderung Männerakt als Foto
Männerakt als klassischer Akt
Die Herangehensweise kann sehr einfach sein. Wenn wir von kantigen, eckigen für den Mann ausgehen, dann können wir gezielt ein Männeraktfoto über Dreiecke aufbauen. Im folgenden Foto ist ein liegender Akt über viele Dreiecke aufgebaut. Einfach einmal zählen, wie viele Dreiecke man findet.
Durch das Kantenlicht von schräg hinten oben verschwinden viele Bereiche im Dunkeln und Regen das Kopfkino an. Durch die Körperspannung erhalten wir Geraden und Dreiecke. Diese Pose ist nicht bequem. Bitte erst einmal selbst probieren, bevor man das mit seinem Aktmodell macht. Die Herausforderung liegt in der Linie zwischen Bauch und Boden. Dieser Bereich sollte nicht durchhängen.
Männerakt und Humor
Vielleicht sollte man das Thema auch mit Humor betrachten. Bei dem folgenden Foto stand die Fragestellung im Vordergrund, wie man einerseits den intellektuellen und den sportlichen Typ in einem Foto darstellen kann. Dabei wurden die Attribute Buch und Hantel gewählt.
Literaturempfehlungen zu Männeraktfotos
- The Male Nude
von David Leddick
Taschen Verlag - Männer
von Herlinde Koelbl
Bucher Verlag GmbH - Männer und Männer 2
von Anja Müller
Konkursbuchverlag
https://anja-mueller-fotografie.de/maenner/
https://anja-mueller-fotografie.de/bildband-maenner-2/
(das zweite Buch ist farbig – der Vorgängerband primär s/w)