Motivprogramme von Digitalkameras: was passiert da und was lernt man daraus?
Motivprogramme (Normalprogramme) hilfreich für Einsteiger ohne Kenntnisse
Belichtungsprogramme, teilweise auch Motivprogramme genannt, wie z.B. Porträt, Sport, Nahaufnahme (Makro), Nacht und Panorama sollen dem Einsteiger die Bedienung der Digitalkamera vereinfachen. Die angebotenen Modi sollen für unterschiedlichen Belichtungssituationen „optimale“ Vorgabewerte einstellen.
Hier haben wir entweder die üblichen Icons auf dem Modus-Wahlrad für die Belichtungsprogramme oder einen Punkt mit dem Namen <SCN>, was für „Special Scene“ steht und nichts anderes als „besondere Szene“ bedeutet und hierunter können dann die üblichen Verdächtigen gewählt werden: Selbstporträt, Porträt, glatte Haut, Gruppenfoto, Landschaft, Panorama-Aufnahme, Sport, Kinder, Schwenken, Nahaufnahme, Speisen, Nachtaufnahmen o. Stativ, HDR-Gegenlicht, leiser Auslöser.
Leider sind die Fotos meistens nur mittelmäßig, da die Kamera nicht wirklich weiß, was da fotografiert wird. Wird beispielsweise das Sportprogramm gewählt, geht die Kamera von schnellen Bewegungen aus, was für nicht alle Sportarten gilt wie z.B. Bogenschießen.
Was passiert bei den einzelnen Programmen eigentlich? Beim Sportprogramm wird die Verschlusszeit verkürzt, um schnelle Bewegungen scharf abbilden zu können. Welche Verschlusszeit dann am besten wäre, kann die Kamera nur mutmaßen – ein erfahrener Fotograf weiß es, ein ambitionierter Einsteiger probiert es einfach über die Halbautomatik.
Daher sind Motivprogramme nur so lange relevant, bis man die 3 Grundlagen von Verschlusszeit, Blendenwerte und ISO-Werte verstanden hat. Bei professionellen Kameras existieren diese Belichtungsprogramme nicht in der Auswahl! Möchte man sich als Einsteiger am schnellsten outen, nutzt man die Motivprogramme.
Im folgenden Kapitel werden die üblichen Belichtungsprogramme vorgestellt und was man anstelle dessen manuell einstellen kann (M-Modus).
Porträtmodus (Motivprogramm)
Bei einer „Bauart“ von Porträtfotos möchte man gerne den Porträtierten vom Hintergrund „freistellen“. Freistellen bedeutet dabei einfach, dass der Hintergrund unscharf gezeigt wird, damit der Betrachter nicht vom Hintergrund abgelenkt wird.
Die Kamera versucht also, die Blende so weit wie möglich zu öffnen. Je kleiner die Blendenzahl ist, desto offener ist diese und desto unschärfer wird der Hintergrund.
So weit, so nett. Aber leider hilft für einen schönen unscharfen Hintergrund nur das „Hintergrundwissen“ zu Schärfentiefe (siehe Kapitel „Schärfentiefe“). Um die Pointe vorneweg zu nehmen. Neben der geöffneten Blende (kleine Blendenzahl) ist auch der Abstand entscheidend. Je näher man sich beim Porträtierten befindet, desto unschärfer wird der Hintergrund. Das wird einem der Porträtmodus nicht sagen.
Bei einigen Herstellern wird für das Motivprogramm Porträt intern an den Farben und Schärfe gedreht, damit weiche, natürlich aussehende Hauttöne erzeugt werden.
Lerntipp bessere Porträts fotografieren:
Selbst machen über die Halbautomatik Av/A! Hier stellt man gezielt die kleinstmögliche Blende ein (was das Objektiv zulässt). Die Kamera berechnet selbstständig über die Halbautomatik die passende Verschlusszeit.
Sport-Modus
Bei dem Sport-Motivprogramm möchte man schnelle Bewegungen scharf abbilden. Diese werden gewissermaßen eingefroren. Das funktioniert über eine kurze Verschlusszeit. Die Kamera wählt also eine Kombination aus Verschlusszeit und Blende und ISO, damit eine kurze Verschlusszeit als Ergebnis entsteht.
Das Icon bei Canon ist ein Läufer, der nach links läuft. Das Sport-Motivprogramm eignet sich für alles, was man in der Bewegung einfrieren möchte, egal ob Läufer, Fußball, Autorennen, Tiere oder sich bewegende Kinder.
Lerntipp bessere Sportaufnahmen fotografieren:
Selbst machen über die Halbautomatik und Tv/T/S! Die Kamera berechnet selbstständig über die Halbautomatik die passende Blende.
In der Halbautomatik Tv/T/S stellt man gezielt die kürzeste Verschlusszeit ein, die für das Motiv Sinn ergibt. Einen Sprinter wird man nicht unbedingt mit 1/1000 Sekunde fotografieren müssen. Bei einem fliegenden Ball (z.B. Tennisball) braucht man mehr Geschwindigkeit. Mehr dazu im Kapitel zu Sportfotografie.
Nahaufnahme Motivprogramm (Makro-Modus)
Bei Nahaufnahmemodus soll auf sehr kurze Abstände noch scharf gestellt werden. Dies soll für kleine Objekte, Pflanzen und Insekten geeignet sein.
Beim Nahaufnahmemodus wird aber nicht vom Motivprogramm Nahaufnahme (Makro) erwähnt, dass sich dazu manche Objektive besser eignen wie andere. Dies ist unter Naheinstellgrenze beim jeweiligen Objektiv nachzulesen. Näher als diese Naheinstellgrenze kann man nicht ran – bei noch näher würde das Objektiv nicht mehr scharf stellen können.
Da wir sehr nahe an einem Objekt sind, schlägt hier wieder die Schärfentiefe zu. Der Fokus (das, was scharf gestellt sein soll) ist extrem schnell nicht mehr da, wo man ihn gerne hätte. Daher ist ein Stativ eine gute Wahl, weil schon eine kleine Bewegung der Kamera (oder des Objektes) eine große Auswirkung auf die Schärfeebene hat. Hintergrundinfos gibt es im Kapitel Makrofotografie.
Lerntipp Nahaufnahme bessere fotografieren:
Im ersten Schritt sich mit der Naheinstellgrenze von seinem Objektiv beschäftigen. Hier kann man sehr schnell über das Internet diese ermitteln: Suchanfrage Naheinstellgrenze + Objektivbezeichnung. Die Naheinstellgrenze wird von der Lage des Bildsensors aus ermittelt – auf dem Kameragehäuse hat es eine Markierung dafür.
Am besten testen mit einem leblosen Objekt, dass sich nicht bewegt!
Jetzt rein in die Halbautomatik und Av/A. Hier die größtmögliche Blendenzahl wählen (je größer die Blendenzahl, desto kleiner das Blendenloch, desto mehr Schärfentiefe. Sollte es mit Av/A nicht funktionieren, dann M und die größtmögliche Blendenzahl und eine lange Belichtungszeit (wenn wenig Umgebungslicht vorhanden sein sollte). Wenn wir vom Stativ aus fotografieren und weder das Objekt noch die Kamera sich bewegt, haben wir alle Zeit der Welt. Eine Belichtungszeit von mehreren Minuten stellt kein Problem mehr dar!
Nachtporträt Motivprogramm
Das Licht wird knapp. Die zusätzliche Herausforderung ist, dass eine Person oder Personengruppe im Vordergrund auch aufgenommen werden soll. Wir wollen ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Vordergrund (unsere Person/en) und dem Hintergrund bei schwacher Beleuchtung (es ist Dunkel/Nacht) erreichen.
Die Kamera kann also nicht eine beliebig lange Belichtungszeit einstellen und gemütlich Licht einsammeln. Denn in der Zeit würden sich die Personen im Vordergrund bewegen. Jetzt wird mit dem Trick gearbeitet, dass zwar die Verschlusszeit länger ist, um genügend Licht im Hintergrund einzusammeln, aber der Blitz zugeschaltet wird. Die Kunst ist hier, dass genügend Hintergrund belichtet wird, und die Personen durch den Blitz abgebildet werden, aber keine Geisterschatten entstehen. Zusätzlich sollten die Personen mit dem Hintergrund harmonieren und nicht durch das Blitzlicht herausstechen.
In dieser Situation ist ein Stativ sinnvoll.
Lerntipp Nachtporträt bessere fotografieren:
Hier haben wir eine Situation, die von Hand nachgestellt (Halbautomatik und Tv/T/S) anspruchsvoller ist, da der zugeschaltete Blitz meistens heruntergeregelt werden muss.
Im ersten Schritt ein Foto fotografieren, wo wir erst einmal schauen, dass her Hintergrund wie gewünscht dargestellt werden. Die Person(en) im Vordergrund werden dazu einfach ignoriert. Haben wir den Hintergrund, können wir den Blitz dazu schalten und diesen herunterregeln. Wenn der Gesamteindruck passt, haben wir die richtige Blitzstärke gefunden. Den Blitz nutzen wir primär zum Aufhellen.
Hier ist wichtig zu beachten, dass die Person(en) nicht zu weit weg ist/sind, da jeder Blitz nur eine bestimmte Blitzreichweite hat.
Landschaftsaufnahmen (Motivprogramm)
Zielsetzung bei Landschaftsaufnahmen ist, dass wir eine große Schärfentiefe für das Foto haben, um sowohl im Motiv nahes wie fernes scharf abgebildet zu bekommen. Dazu benötigen wir eine große Blendenzahl (kleines Blendenloch) für eine große Schärfentiefe.
Auch beim Motivprogramm Landschaftsaufnahmen ist das Hintergrundwissen zu Schärfentiefe sehr vorteilhaft. Denn neben der großen Blendenzahl ist auch die Brennweite von Bedeutung. Einfach einmal im Kapitel Schärfentiefe nachschlagen.
Zusätzlich drehen auch einige Hersteller an der Farbsättigung. Diese wird da gerne erhöht.
Lerntipp Landschaftsaufnahmen bessere fotografieren:
Selbst machen über die Halbautomatik und Av/A! Hier stellt man gezielt die größtmögliche Blendenzahl ein (was das Objektiv zulässt). Die Kamera berechnet selbstständig über die Halbautomatik die passende Verschlusszeit. Diese wird länger, je größer die Blendenzahl ist. Daher ist für Landschaftsaufnahmen sehr oft ein Stativ sinnvoll.
Als Brennweite empfiehlt sich ein Weitwinkelobjektiv zu nutzen (siehe Kapitel „Das Objektiv der Digitalkamera“).
Die Schärfe stellt man nach der 1/3 zu 2/3 auf einen Punkt in dieser Entfernung ein. Dadurch erreicht man den größten Schärfenumfang. Wäre z.B. unsere Landschaft nur 9 Meter tief, würde man sich einen Punkt im Abstand von 3 Meter (1/3) suchen und auf diesen scharf stellen.
Und noch am Rande bemerkt: die schönsten Landschaftsaufnahmen entstehen morgens oder abends, wenn das Licht am schönsten ist. Wenn die Sonne so richtig runterknallt, wird der Kontrastumfang zu groß und nicht mehr durch die Kamera abbildbar. Daher auch die Redewendungen und Sprüche: „Zwischen 11 und 3 hat der Landschaftsfotograf frei“. Das gilt nicht bei Regen und Nebel und schlechtem Wetter. Und gleich noch einen Spruch dazu: „Sonne im Rücken, Auslöser drücken“. Somit ist klar, wie man sich als Landschaftsfotograf zu Sonne positionieren sollte. Man wird bei Sonnenschein dadurch mit einem Himmel belohnt, der auch Blau im Foto abgebildet wird. Fotografiert man gegen die Sonne, leidet das Blau des Himmels in der Regel. Und weil es so schön ist mit den Sprüchen und zu Landschaftsfotografie so viele gibt: „Vordergrund macht Bild gesund“. Es ist also meistens für den Bildaufbau vorteilhaft, wenn auch im Vordergrund Elemente auf dem Foto sind. Und einer der ältesten Spruch: „Wenn die Sonne lacht, benutze Blende 8.“ Wobei dieser der ersten Redewendung mit „11 und 3“ ein wenig widerspricht. Es muss also die Sonne vor 11 und nach 3 gemeint sein.