Weißabgleich – White Balance (WB)
Ist weiß nicht weiß? Warum ist ein Weißabgleich beim Fotografieren wichtig? Bei unserem Licht variiert nicht nur die Helligkeit (Intensität), sondern auch die Farbtemperatur. Was ist denn die Farbtemperatur und was hat das mit dem Fotografieren zu tun?
Zum Verständnis ist ein kurzer Ausflug in die Physik notwendig, damit die in der Fotografie verwendeten Begriffe greifbar werden.
Unser sichtbares Licht ist physikalisch gesehen elektromagnetische Strahlung mit einer Wellenlänge im Bereich von 380 bis 750 Nanometer. Kürzere Wellenlängen haben einen hohen Blauanteil (hohe Farbtemperatur) – lange Wellenlängen zwischen 600 bis 700 Nanometer sind für den Rotanteil verantwortlich.
Weißes Licht ist eine Zusammensetzung von verschiedenen Wellenlängen. (Zur Erinnerung: im Physikunterricht wurde weißes Licht durch die Brechung in einem Prisma in seine Farben zerlegt und sichtbar gemacht.)
Die Farbtemperatur wird in Kelvin gemessen. Bitte an glühendes Eisen denken – dieses hat je nach Temperatur verschiedene Farben. Licht mit niedriger Farbtemperatur hat einen hohen Anteil von langwelligem Licht.
Zum Einschätzen der verschiedenen Angaben:
Lichtsituation | Farbtemperatur in Kelvin |
---|---|
Kerze | 1500 K |
Glühlampe (60 W) aus der guten alten Zeit | 2680 K |
Glühlampe (100 W) | 2800 K |
Halogenlampe | 3000 K |
Morgensonne/Abendsonne | 5000 K |
Vormittags-/Nachmittagssonne | 5500-5600 K |
Mittagssonne, Bewölkung | 5500-5800 K |
bedeckter Himmel | 6500-7500 K |
Nebel | 7500-8500 K |
Weitere Einflussgrößen auf die Lichtfarbe
Nicht nur die Quelle des Lichts, sondern auch alle umgebenden Flächen haben Einfluss auf die Farbe des Lichts. Flächen absorbieren bzw. reflektieren Licht und geben diesem unter Umständen eine Einfärbung mit. Eine rote Wand auf der einen Seite bei der Porträtfotografie kann zu einer Rotfärbung führen. Und wenn wir uns die Sonne ansehen, kommt das Licht auch nicht ungefiltert auf der Erde an. Wolken und Luftzusammensetzung geben dem Licht eine Färbung mit. Dadurch entstehen auch die unterschiedlichen Färbungen im Verlauf eines Tages, da das Sonnenlicht unterschiedlich auf die Atmosphäre der Erde auftrifft und sich dadurch die Farbtemperatur entsprechend ändert.
Der Mensch kompensiert automatisch – die Kamera kann dies nicht vollständig automatisch
Unser Gehirn wandelt die im Auge entstandenen Bilder um und macht einen „Weißabgleich“. Aus Erfahrung wissen wir, dass ein Buch i.d.R. weiße Seiten hat. Daher erscheinen uns die Buchseiten auch abends beim gelblichen Licht einer alten Glühlampe weiterhin weiß. Kritisch wird es, wenn im Buch farbige Bilder abgebildet sind, die dann durch das gelbliche Licht der Glühlampe sehr unterschiedlich aussehen.
Der „automatische Weißabgleich“ beim Menschen nennt sich chromatische Adaption.
Weißabgleich durch die Digitalkamera
In der analogen Fotografie gab es verschiedene Filmtypen je nach Anwendung – Tageslichtfilme bzw. Kunstlichtfilme. Ein schneller Wechsel war wenig erquicklich. Das hat sich bei der Digitalkamera zum Glück vereinfacht.
Der automatische Weißabgleich bei Digitalkameras hat i.d.R. das Kürzel AWB – automatic white balance bzw. WB für „White Balance“. Technisch vereinfacht passiert hier folgendes – es wird von der Kamerasoftware nach dem Bereich des Bildes „gesehen“, der weiß bzw. nahezu weiß ist. Gibt es in diesem Bild kein Weiß (z. B im grünen Wald), wird die hellste Stelle des Bildes herangezogen (in der Hoffnung, dass es ein Grau ist). Gibt es in dem Bild keine neutrale Graufläche (Foto auf die grüne Wiese ohne Himmel) wird der Weißabgleich der Fotokamera Probleme bekommen. Ist dieser hellste Bereich also farbig und nicht neutralgrau, hat das erstellte Bild einen Farbstich!
Allerdings funktioniert der Weißabgleich in Standardsituationen erstaunlich zuverlässig – versagt aber in schwierigen Lichtsituationen und auch in Mischlichtsituationen. Kommt zum Tageslicht noch unterschiedliches Kunstlicht mit derselben Helligkeit, dann wird der Weißabgleich bei den meisten Kameras zum Glücksspiel. Hatte die Kamera kein Glück beim Raten, erhält der Fotograf ein Bild mit einem Farbstich. Allerdings ist die Kamera unschlagbar bei schnellen Wechseln von Lichtsituationen (z.B. schnell wechselndes Wetter wie z. B. windiger Tag und Himmel mit Wolken und blauen Bereichen).
Manueller Weißabgleich
Daher ist neben dem automatischen Weißabgleich der manuelle Weißabgleich wichtig und bei schwierigen Lichtsituationen der Königsweg. Hierfür gibt es i.d.R. bei den Kameras Standardauswahlen mit mehr oder weniger aussagekräftigen Symbolen – eigentlich genaugenommen ein halbmanueller Weißabgleich. Bei guten Digitalkameras kann ein eigener Weißabgleich durchgeführt werden – mit Graukarte oder direkter Wahl der Kelvin. Dazu später mehr.
Bei guten Kameras besteht auch die Möglichkeit einer Weißabgleichsreihe (Weißabgleich-Bracketing). Es werden mehrere Fotos mit unterschiedlichen Weißabgleichseinstellungen gemacht.
Wichtig zu wissen ist, dass je nach gewähltem Speicherformat ein versehentlich falsch eingestellter Weißabgleich problematischer ist. Wird nur im JPG-Format gespeichert, wird eine Korrektur bzw. ein nachträglicher Weißabgleich durch eine Software zu Qualitätsverlusten führen. Daher empfiehlt sich das RAW-Format.
Tipp: RAW für bessere Bilder und Weißabgleich
Im Vorfeld ist abzuklären, ob die eigene Kamera das RAW-Format unterstützt! Viele billige Consumerkameras bieten nur das speicherschonende JPG-Format. RAW wird i.d.R. von digitalen Spiegelreflexkameras angeboten (muss aber eingestellt werden). Das RAW-Format speichert die Daten „roh“ ab – somit führt eine nachträgliche Farbanpassung, sprich: ein Weißabgleich, durch die Software nicht zu der heftigen Qualitätsverminderung wie bei JPG.
Weißabgleich manuell durchführen
Je nach Kamera sind die entsprechenden Bedienungsschritte unterschiedlich. Nehmen Sie eine Graukarte und halten Sie diese ins Bild. Wichtig dabei ist, dass die Graukarte den gleichen Winkel zur Lichtquelle einnimmt wie das zu fotografierende Objekt oder die Person. Bei Porträts kann man auch den Portraitierten die Graukarte in die Hand drücken und dieser hält sich diese unter die Nase in Richtung Kamera. Ändert sich die Lichtsituation, ist erneuter Weißabgleich angesagt.
Andere Hilfsmittel für einen korrekten Weißabgleich
Neben Graukarten gibt es z.B. auch den SpyderCube der Firma Datacolor für einen korrekten Weißabgleich. Dieser wird im ersten Referenzfoto mit aufgenommen und kann dann mit der Bildbearbeitung ausgewertet werden.
Alternative für die Graukarte
Teilweise liest man, man könne einfach ein Blatt Papier als Ersatz für die Graukarte zum Weißabgleich nehmen. Finger weg davon – je nach Papierhersteller sind Aufheller im Papier, die einen hohen Blauanteil abstrahlen. Diese sind mit dem Auge nicht direkt wahrnehmbar (wegen der chromatischen Adaption beim Menschen). Allerdings gibt man der Kamera dann kein Weiß, sondern irgendwas und produziert sogar einen Farbstich mit der Methode.
Autor: Axel Pratzner