Histogramm beim Fotografieren: verstehen, lesen und nutzen
Alles Wichtige zum Histogramm und Dynamikumfang, um bessere Fotos zu machen
Das Histogramm wird von Einsteigern gerne unterschätzt in seiner Bedeutung für die Kontrolle der Fotos am Kameradisplay. Zum sicheren Beurteilen der Belichtung und des Dynamikumfangs ist das Histogramm ideal geeignet!
Das Histogramm zeigt uns die Häufigkeitsverteilung der „Helligkeiten“ und an den Rändern eventuelle Problemfälle! Diese kommen durch den begrenzten Dynamikumfang des Sensors der Kamera zustande – dazu im Folgenden noch eine ausführliche Beschreibung, und wie man damit beim Fotografieren-Lernen am besten umgeht.
Das Kameradisplay ist nicht das Maß der Dinge, weil diese Anzeige geschossene Fotos oft falsch darstellt. Es kann sein, dass es zu hell eingestellt oder an einem Sonnentag sehr schlecht erkennbar ist. Wir können aber zu unserem Foto zusätzlich das Histogramm anzeigen lassen und erhalten somit eine wirkliche Kontrolle der Belichtung.
Histogramm in der Digitalkamera einschalten
Oft muss das Histogramm noch eingeblendet werden. Bei vielen Kameras muss dazu die Vorschautaste öfter betätigt werden. Über das Foto werden Zusatzinformationen gelegt und im dritten Modus wird bei Canon z.B. das Foto verkleinert dargestellt und die Zusatzinformationen nehmen deutlich mehr Raum ein. Klappt das nicht, einfach einmal das Handbuch der Kamera zu Rate ziehen.
Was ist ein Histogramm in der Fotografie?
Das Histogramm ist eine Häufigkeitsverteilung. Auf der X-Achse sehen wir von dunkel (sprich schwarz) auf der linken Seite bis ganz hell (weiß) auf der rechten Seite die Verteilung der Helligkeitswerte. In der Fotografie spricht man von Tiefen (links, dunkel), den Mitteltönen (die breite Mitte) und den Lichtern (rechts, hell).
Und hier ergibt sich eine Berg- und Talfahrt. Diese Bergformationen sind immer abhängig vom abgebildeten Motiv. Gibt es eine Bergspitze im dunklen Bereich, gibt es viele dunkle Stellen im Foto. Gibt es eine Bergspitze am rechten Rand, hat das Bild viele helle Stellen. Dabei sind die Spitzen immer relativ. Ich kann also bei einer Bergspitze nicht direkt sagen, dass es 2035 Pixel gibt, die diese Helligkeit haben. Dies ist in unserem Fall zur Beurteilung auch nicht wichtig!
Schauen wir es uns am Beispiel an: Auf dem folgenden Foto haben wir ein sehr einfaches Motiv – rote Blätter vor unscharfem Hintergrund.
Im Beispiel sehen wir fast schon den Overkill an Histogramm. Es werden für alle drei Farben einzeln die Histogramme angezeigt. Das wollen wir nicht, da es uns auf die wichtigen Informationen zum Einstieg ankommt. Auch können Farben die Wahrnehmung der Helligkeit verwirren.
Daher stellen wir unser Histogramm auf eine einfache Anzeige um. Zur besseren Beurteilung lasse ich unser Blätterbild in Schwarz-Weiß ausgeben:
Die Ausgabe des Histogramms ohne Farbinformationen ist deutlich besser (und schneller) für uns zum Beurteilen des Fotos.
Was macht die Kamera mit dem Foto, damit ein Histogramm erstellt werden kann? Die Kamera zählt einfach alle Helligkeitswerte, die ein Foto hat. Haben wir eine Kamera mit 20 Megapixel, werden rund 20.000.000 (Auflösung 5472 x 3648 Pixel) einzelne Bildpunkte ausgewertet und als Kurve in unser Histogramm gezeichnet.
Würden wir das Bild vereinfachen (sprich nicht so eine hohe Auflösung haben), würde sich aus unserem Blätterbild Folgendes ergeben:
Das sind immer noch zu viele Punkte. Also vereinfachen wir es weiter und geben jedem Punkt einen Wert zwischen 1 (ganz schwarz) und 9 (ganz weiß). Das Folgende könnte man nun zählen und auf einem karierten Blatt eintragen.
Auch das ist noch mühsam, aber machbar.
Schauen wir uns ein künstlich erstelltes Histogramm an. Hier haben wir von Schwarz zu Weiß Abstufungen in 20-Prozent-Schritten.
Was kommt heraus? Wir bekommen exakt sechs Ausschläge über die komplette Breite verteilt:
Die künstliche Erzeugung ist wichtig, sonst wären die Ausschläge nicht so deutlich.
Warum uns Farbe im Histogramm verwirrt
Bildmaterial (auch künstlich erzeugt) mit sechs Farben. Wie sieht dort wohl das Histogramm aus?
Und das dazugehörige Histogramm:
Wir können uns also in der Regel nur verschätzen! Schauen wir uns in der Bildbearbeitung die Farbe an (hier am besten mit dem Farbmodel HSL). Dann sieht man, dass im Farbfeld die Sättigung von links nach rechts und die Helligkeit von unten nach oben zunimmt.
Digitalkameras haben Grenzen durch Technik: Dynamikumfang und Belichtungskontrolle
Unsere Digitalkameras haben technische Grenzen, und hier ist es egal, wie teuer eine Kamera war. Kennt man die Grenzen, kann man damit problemlos umgehen. Ohne die Kenntnis (und somit oft bei Anfängern der Fotografie) kommen oft Unverständnis und Frust auf und Zweifel an den eigenen Fähigkeiten.
Die Realität (sprich unser Motiv) hat einen bestimmtem Dynamikumfang. Scheint die Sonne und wir fotografieren Landschaften mit einem sehr hellen Himmel und dunkle Wälder im Hintergrund (Dynamikumfang Motiv), und haben die Hoffnung, dass dieser Dynamikumfang die Kamera (sprich der Sensor der Kamera) abbilden kann, dann klappt das oft nur mäßig!
Schauen wir uns die typischen sechs Möglichkeiten an:
Der Dynamikumfang des Motivs ist kleiner als der der Kamera (Technik) -> KEIN Problem
Typische Motive sind hier Fotos von Nebel.
Dynamikumfang von Motiv und Kamera gleich:
Perfekt belichtet
Dynamikumfang gleich groß:
Aber verschoben – falsch belichtet. Hier hilft richtiges Belichten.
Der Dynamikumfang des Motivs ist größer als der der Kamera:
Zähne zusammenbeißen -> die Technik ist begrenzt.
Möglichkeiten werden im Folgenden aufgezeigt.
Dynamikumfang Motiv größer als der der Kamera:
Entscheidung auf dunklen Bereich für die aussagekräftigen Elemente des Fotos
Dynamikumfang Motiv größer als der der Kamera:
Entscheidung auf hellen Bereich für die aussagekräftigen Elemente des Fotos
Im Folgenden werden diese Fälle bei Beispielfotos angesehen und anhand von Fotos und Histogrammen erklärt.
Vorteil Histogramm: Hinweis auf problematische Stellen
Der große Vorteil des Histogramms liegt in dem Hinweis auf problematische Stellen. Diese fotografisch problematischen Stellen liegen an den Rändern des Histogramms. Endet hier ein Berg abrupt, wird damit das Problem angezeigt! Wir haben ein Motiv, das einen größeren Dynamikumfang hat, als unsere Technik in der Kamera verarbeiten kann!
Im diesem Beispielbild sehen wir den angeschnittenen Berg auf der linken Seite des Histogramms. Hier „saufen“ uns die dunklen Bereiche ab. Würden wir an unserer Belichtung etwas ändern, würde der Berg links im dunklen Bereich sichtbar, aber dann der Berg auf der rechten Seite angeschnitten werden. Unser Kontrastbereich für dieses Foto ist zu hoch und kann von der Kamera nicht verarbeitet werden.
Wir müssen uns also entscheiden, was für dieses Motiv wichtiger ist! Die dunklen Bereiche oder die hellen. Bei diesem Foto ist laut Histogramm eindeutig die Entscheidung auf die hellen Bereiche (die weißen Federn) gefallen.
Zum Vergleich nochmals die Grafik für den Dynamikumfang:
Im folgenden Beispiel ist es genau andersherum. Wir entscheiden uns für die dunklen Bereiche, weil der Mensch wichtiger ist als seine Kleidung!
In diesem Beispielfoto aus Tansania ist unser Berg im Histogramm auf der rechten Seite gekappt. Also haben wir in unserem weißen Bereich „ausgefressene Bereiche“. Schauen wir uns das Foto an, ist das direkt am Hemdkragen sichtbar.
Der Schwerpunkt des Fotos liegt auf der korrekten Darstellung der Haut des Kindes. Dass wir die Zeichnung im Hemd verlieren, ist hier nicht wirklich wichtig.
Es geht also immer um den Dynamikumfang!
Was ist der Dynamikumfang?
Die Helligkeitsunterschiede zwischen der hellsten und dunkelsten Stelle in einem Foto werden als Dynamikumfang/Dynamikbereich bezeichnet.
Das bedeutet: je größer der Dynamikumfang ist, umso mehr Details sind erkennbar. Je kleiner der Dynamikumfang ist, desto detailärmer ist ein Foto.
Probleme kommen also schnell auf einen zu in der Landschaftsfotografie bei Sonnenschein. Wie haben sehr helle Bereiche durch die Sonne und den Himmel und sehr dunkle Bereich in der Landschaft. Das führt gerne zu Problemen. Randbemerkung für die technische Lösung bei Landschaftsfotografie: hier werden gerne Verlaufsfilter eingesetzt. Die andere Möglichkeit ist über HDR-Bilder (High Dynamic Range = Fotos mit hohem Dynamikumfang).
Fotos mit kleinem Dynamikumfang
In der Realität kommen auch Motive mit kleinem Dynamikumfang vor.
Es gibt durchaus Motive mit wenig Dynamikumfang.
Motive, die nur Teile des Histogramms nutzen
Je nach Motiv kann es auch vorkommen, dass nur ein Teil des Histogramms genutzt wird. Also bitte nicht davon ausgehen, dass immer der komplette Bereich des Histogramms von links nach rechts genutzt wird.
In folgender Low-Key-Aufnahme haben wir primär den linken (dunklen) Bereich im Histogramm.
Wir haben also viele dunkle Töne und kaum helle Bereiche im Beispielfoto. Der Berg flacht sehr schnell nach rechts Richtung helle Töne ab. Es gibt kaum Mitteltöne und noch weniger Lichter in unserem Histogramm.
Realität versus Foto: der Dynamikumfang
„In Wirklichkeit ist die Realität ganz anders!“ – und macht uns als Fotografen zu schaffen.
Hier kommt die Limitierung der Technik zum Tragen! Unser Dynamikumfang beträgt z.B. acht „Einheiten“ (später mehr zu den Einheiten).
In diesem Beispielfoto ist der Dynamikumfang deutlich höher als auf dem Foto abbildbar. Wir als Fotografen müssen entscheiden, welches die bildwichtigen Teile sind und diese darstellen. In diesem Foto liegt wieder der Schwerpunkt auf den dunklen Bereichen (das Gesicht ist wichtiger als das Hemd!)
Wir sollten also als Fotografen immer die Tonwerte in den kritischen Randzonen kontrollieren! Und hier fällt bei hohem Dynamikumfang immer die Entscheidung, was die bildwichtigen Aussagen sind – sprich ist mir Dunkel oder Hell wichtiger für das Bild. Manchmal kann man nicht alles haben!
Eine fehlerhafte Belichtung liegt beispielsweise bei folgendem Foto vor, weil die Belichtung des Fotos zu stark auf eine Seite geht und dadurch die andere Seite unnötig gekappt wird. Im folgenden Beispiel ist die Belichtung so eingestellt, dass mehr Helligkeit mitgenommen wird, die gar nicht existiert und weshalb wir eine „Einheit“ verlieren.
Was hat es mit diesen Einheiten eigentlich auf sich? Wir haben bei KS immer acht Werte. Warum eigentlich? Weil hier von 8 Bit ausgegangen wird, also 256 Tonwerten. Sehr oft hat Technik diese Limitierung. Viele Displays können nur diese 8 Bit anzeigen (auch wenn unter Umständen der Kamerasensor mehr aufzeichnen kann). Im Bildformat JPG haben wir wieder diese 8 Bit. Spätestens wenn wir nur mit JPG arbeiten, schrauben wir den Dynamikumfang herunter.
Daher ist das Histogramm so wichtig!
Nutzen alle Fotografen den vollen möglichen Dynamikumfang?
Nein. Wir bekommen einen höheren Dynamikumfang über RAW – hier haben wir 12 Bit, was 4096 Tonwerten entspricht. Im folgenden Beispiel wird der Umfang von RAW im Vergleich zu JPG dargestellt. Die weißen Stellen im Foto müssten nicht vorhanden sein, wenn in RAW fotografiert worden wäre.
Nicht alle Fotografen nutzen bzw. können überhaupt RAW nutzen. Wenn es extrem schnell gehen muss (Sportfotografie mit sofortiger Veröffentlichung), kommt das RAW-Format nicht in Betracht.
Auch muss RAW entwickelt werden, was einigen Fotografen, die z.B. Bildbearbeitung ablehnen oder nicht beherrschen, diese Möglichkeiten verbaut.
Über RAW haben wir 12 Bit (teilweise auch mehr, je nach Kamera), die von vielen Monitoren (und meistens von der Kameravorschau) nicht dargestellt werden kann. Aber per Bildbearbeitung können wir unsere Fotos entsprechend bearbeiten, sodass der komplette Kontrastumfang sichtbar wird und unser Foto an Qualität gewinnt.
Am besten immer mit RAW arbeiten!