Expose to the Right – ETTR: mehr Qualität und weniger Rauschen

Um es auf eine kurze Formel zu bringen:
Expose to the Right = mehr Dynamikumfang und weniger Bildrauschen

Expose to the Right – ETTR: Beispiel für Unterschiede in Qualität
Expose to the Right – ETTR: Beispiel für Unterschiede in Qualität

Diese sehr knappe Formel gilt für die digitale Fotografie und ist erklärungswürdig, damit man überhaupt verstehen kann, woher die bessere Bildqualität kommt und warum durch das Belichten nach rechts das Bildrauschen abnimmt. Das englische „Expose to the Right“ (manchmal auch zu finden mit „Exposing to the right“ bedeutet nichts anderes, als dass man sich bei der Belichtung eines Fotos beim Histogramm am rechten Rand orientiert. Zur Erinnerung: Links im Histogramm werden die dunklen Werte abgebildet und rechts die hellen Werte (auch Lichter genannt). Besonders in den dunklen Bildbereichen sieht man schnell ein deutliches Bildrauschen. Daher vermeidet man den „schlechteren“ Bereich beim Fotografieren und holt sich diesen über die Bildbearbeitung optimal wieder zurück.

Anstelle von dem sperrigen „Expose to the Right“ findet sich das Kürzel ETTR, was aus den Anfangsbuchstaben abgeleitet ist.

Grundlagen: Was ist ETTR in der Fotografie?

Wenn wir in unserem Histogramm den rechten Bereich ansehen, haben wir die hellen Bildbereiche. Die „Berge“ im Histogramm können wir nach rechts verschieben über:

Hier empfehle ich das Tutorial über das Belichtungsdreieck.

Die bisherigen Ausführungen erklären noch nicht, warum wir eine bessere Bildqualität erhalten, wenn wir nach rechts belichten. Hier müssen wir tiefe in die technischen Details einsteigen!

Nehmen wir an, unser Bildsensor kann 8 Blendenschritte aufnehmen. Somit hätten wir 4096 Einzelschritte als Dynamikumfang. Verteilen sich nun diese Einzelschritte gleichmäßig auf alle unsere 8 Bereiche? NEIN – was technisch daran liegt, dass der digitale Bildwandler und der Analog-Digital-Wandler nicht linear arbeiten. Wir haben also sehr deutliche Unterschiede in der Aufteilung.

Unsere Zone ganz rechts bekommt die Hälfte aller Werte! Bei jeder weiteren Zone halbiert sich der Wert und die Abstufungen werden immer gröber!

Schauen wir uns das als Grafik an, dann sieht man direkt das Ausmaß des Schlamassels:

Wir verlieren also extrem viele Bildinformationen im linken (dunklen) Bereich. Daher wollen soweit sinnvoll möglich unsere Belichtung im rechten, fein aufgegliederten Bereich haben und erst später über den RAW-Konverter es nach links schieben. Bei der Bildbearbeitung haben wir wieder lineare Prozesse, da uns kein Analog-Digital-Wandler in die Suppe spuckt!

Natürlich kann man sich fragen, ob durch eine Erhöhung des ISO-Wertes (weil die anderen Werte bei dem Motiv nicht geändert werden können) das zusätzliche Rauschen durch den hohen ISO-Wert durch die bessere Qualität durch ETTR ausgeglichen bzw. sogar aufgehoben wird. Hier kann ich nur sagen, dass man dies einfach einmal mit seiner Kamera testen sollte. Bei der Mehrzahl meiner Fotoapparate sehe ich eine Verbesserung der Bildqualität, auch wenn die ISO-Werte erhöht werden.

Hier einfach einmal eine Belichtungsreihe erstellen – auf einem Stativ mit gleichem Motiv, damit man auch die Bildqualität vergleichen kann.

Grundlagen: Wann macht ETTR beim Fotografieren Sinn?

Wir können die Sinnfrage einerseits beim Motiv wie auch aus dem technischen Aspekt stellen. Schauen wir es uns erst aus der Perspektive des Motivs an. Wenn unser Motiv bereits einen hohen Dynamikumfang hat, dann können wir auch unseren „Berg“ im Histogramm nicht wirklich nach rechts schieben. Dieser sitzt meistens schon rechts und nutzt das komplette Histogramm aus. Also ergibt ETTR bei Motiven Sinn, wenn diese einen kleineren Dynamikumfang haben.

Sinnvoll aus Sicht der Technik ist der Einsatz von ETTR, wenn man das Histogramm beim Fotografieren im Blick hat und im RAW-Modus fotografiert. Weiterhin ist dann Bildbearbeitung absolut notwendig. Was wir während dem Fotografieren nach rechts schieben, um die optimale Qualität unseres Sensors zu nutzen, bringen wir in der Bildbearbeitung wieder zurück nach links, um einen natürlichen Eindruck von der Helligkeit zu haben.

Warnung vor Überbelichten bis zum Overkill und Ausbrennen

Warnung! „Expose to the right“ bedeutet nicht, dass wir Fotos komplett überbelichten. Sobald wir ausgebrannte Bildteile haben, können wir diese auch niemals wieder über Bildbearbeitung zurückholen. Wo keine Informationen mehr sind, kann ich auch keine über Bildbearbeitung wieder „restaurieren“.

Das Maximum in der Belichtung aus deinen Fotos herausholen?

Das Maximum können wir bei der Belichtung also durch das bewusste Belichten nach rechts erreichen. Aber die Entwicklung muss dann später gegen die zu hellen Bilder gegensteuern. Hier kommt dann die „Entwicklung nach links“ zum Einsatz. Und weil es so schön ist, gibt es auch dafür eine Abkürzung: DTTL (englisch „Develop to the left“).

ETTL oder ETTR?

Das Gegenstück zu „Expose to the right“ ist „Expose to the left“, also das Belichten während dem Fotografieren in die Dunkle Töne. Diese Vorgehensweise kommt aus der Zeit der analogen Kameras und war je nach Film durchaus sinnvoll. Arbeiten wir nun mit digitalen Kameras und wollen das Maximum an Bildqualität erreichen, dann ist ETTR angesagt.

Vorteile und Nachteile von „Expose to the right (ETTR)“

Vorteile ETTR:

Deutliche Steigerung der Bildqualität durch sichtbare Verminderung des Bildrauschens.

Nachteile ETTR:

Im Display der Kamera sieht die Vorschau eines Fotos deutlich zu hell aus. Modelle, die sich ein Foto ansehen, erschrecken erst einmal und überlegen, ob der Fotograf überhaupt seine Technik im Griff hat.

In der Bildbearbeitung bzw. Bildentwicklung ist mindestens die Nutzung eines RAW-Konverters notwendig und das Verschieben der Belichtung nach links. Diese Technik ist somit nichts für Menschen, die entweder keine Zeit (Sportfotografen) oder keine Lust für Bildbearbeitung haben.

„Expose to the right“ selber probieren und die eigene Kamera ausreizen

Und jetzt viel Spaß beim Ausprobieren vom „Belichten nach rechts“, auch wenn es ungewohnt ist und sich im ersten Moment anfühlt, als würde man nicht mehr richtig belichten. Vermeiden Sie aber bitte immer eine Überbelichtung mit ausgebrannten Stellen.

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