Milchkleid-Fotoshooting:
Kleid aus Flüssigkeit fotografieren lernen

Milchkleid mit Modell C.h.Christine

Beim Milchkleid-Shooting handelt es sich um ein sehr aufwendiges Fotoshooting, das die Erfahrungswelt des Betrachters durcheinanderbringt. Ein Kleid wird auf einem Foto abgebildet, das es in der Realität so nicht geben kann. Der Kleiderstoff, der normalerweise durch sein Material permanent vorhanden ist, wird ersetzt durch Flüssigkeit, die im Flug durch Blitze im Raum „eingefroren“ dargestellt wird.

Das Kleid mit der Flüssigkeit Milch kann nicht in einem Durchgang erstellt werden. Daher muss das Modell also eine gewählte Pose mehrere Minuten „durchstehen“. Während dieser Zeit werden zahlreiche Fotos gemacht. Das Modell wird mit Milch von verschiedenen Seiten und aus unterschiedlichen Höhen „beworfen“. Von Spritzern kann man bei der Menge an Flüssigkeit nicht mehr reden – Schwall ist das richtige Wort. Aus diesen Milchgüssen (die auch sehr groß sein können) wird dann über Bildbearbeitung das Milchkleid „genäht“ und Schicht für Schicht über das Modell gelegt. Es handelt sich also durchaus um eine reale Darstellung – allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten, die auf dem fertigen Foto dann alle gleichzeitig zu sehen sind.

Das Besondere am Wasser- bzw. Milchkleid sind die sichtbaren Effekte von Flüssigkeiten. Diese werden durch den Flugeffekt, der durch das „Werfen“ der Flüssigkeit entsteht, unterstrichen. Der optische Eindruck von statischem Kleid und in der Luft eingefrorener Flüssigkeit mischt sich.

Dabei entsteht am Oberkörper ein hauteng anliegendes und ab dem Hüftbereich ein weit ausladendes Kleid. Für den Effekt sollte das Modell während des Shootings außer einem hautengen Slip nichts tragen, um den gewünschten Effekt eines realistischen Kleides durch die Bildbearbeitung zu erreichen. Im Raum werden neben dem Modell noch zwei weitere Personen benötigt: Der Fotograf/-in und eine Person, die mit der Flüssigkeit die entsprechenden Wasser-/Milchgüsse (und -schwälle) erzeugt.

Milchkleid Modell Ariane
Milchkleid Modell Ariane

Neben Milch (weiß) kann über Lebensmittelfarbe auch Kaffee (schwarz) oder Kakao (braun) simuliert werden bzw. jede beliebige Farbe.

Was wird für das Milchkleid-Shooting benötigt?

  1. Raum
  2. Fotoequipment: Foto + Stativ, Fernauslöser, Highspeed-Blitze mit entsprechenden Lichtformern
  3. Modelle, die kein Problem mit Nacktheit haben und noch wichtiger, kein Problem mit nass und kalt
  4. Luxusvariante ist ein Kontrollsystem, das erstellte Fotos sofort zur Kontrolle auf einem großen Monitor (oder Tablet-Computer) anzeigt
  5. Hintergrundsystem + Untergrundsystem
  6. Eine gute Wurftechnik (mit passendem Behälter)
  7. Acht Liter Vollmilch pro Milchkleid (+ Eimer + Schwamm)
  8. Kein Problem, mit Lebensmitteln zu spielen (auch wenn man unter Umständen einen Shitstorm dafür erntet – womit ich leben kann – also nur zu!)

Raum

Schauen wir uns als Erstes den Raum an. Dieser sollte Feuchtigkeit abkönnen und sollte stark abdunkelbar sein. Hier bieten sich Garagen an, die man beheizen kann. Eine Garage hat den Vorteil, dass diese normalerweise mit Nässe gut klarkommt und nach dem Shooting gut zu reinigen ist.

Problem bei vielen Garagen ist die fehlende Raumhöhe und mehr Tiefe wäre auch besser. Dies kann je nach Pose dann schwieriger werden.

Wer an Outdoor denkt, hier ein paar Punkte, die einem auf die Füße fallen können. Es werden auf jeden Fall viele Einzelfotos benötigt! Wir sprechen von mindestens 50 bis zu 500 Fotos für ein Kleid! Jedes für das Milchkleid notwendige Foto sollte die gleichen Kameraeinstellungen (erreicht man durch den manuellen Modus und fest aufgestellte Blitze) und den identischen Bildausschnitt bei der Kamera aufweisen (daher muss die Kamera auf ein stabiles Stativ und nur per Fernauslöser auslöst werden!). Für eine gleichbleibende Belichtung ist ein dunklerer Raum ideal, damit sich die Lichtsituation nicht ändert. Das kann im Freien schnell zum Problem werden. Auch die Kälte draußen kann zu verkrampften Fotos führen.

Fotoequipment: Kamera + Stativ, Fernauslöser, Highspeed-Blitze

Kenne dein Werkzeug. Nach dem Festlegen der Pose und damit verbunden der Platzierung der Kamera und dem Festlegen des Bildausschnitts (mit genügend Rand für die Milchwürfe) darf nichts mehr geändert werden. Daher muss die Kamera auf ein sehr stabiles Stativ und es dürfen keine Einstellungen an der Kamera mehr verstellt oder verdreht werden. Ein Funkfernauslöser ist hier sehr hilfreich.

Die Highspeed-Blitze sollten mit extrem schnellen Zeiten arbeiten können, damit die fliegende Milch in der Luft eingefroren dargestellt wird. Da sind wir schnell bei Belichtungszeiten von 1/6.000 bis 1/10.000 Sekunden.

Immer an Ersatzakkus denken und dass genügend Speicherplatz auf der Speicherkarte vorhanden ist.

Modelle ohne Probleme mit Nacktheit, Nässe und Kälte

Pro Kleid sollte man seine Pose als Modell nicht mehr ändern. Das bedeutet durchaus, 10 bis zu 45 Minuten eine Pose halten zu können. Erfahrungsgemäß sind rund 50–80 Fotos das Minimum für ein Kleid. Es können aber auch 500 Fotos sein – sprich man wird so oft mit Milch beworfen. Wenn die Milch frisch aus der Packung kommt, dann geht es noch mit der Kälte. Die Milch selbst sollte nicht erwärmt werden, da sich sonst das Verhalten der Flüssigkeit ändert. Spätestens wenn man die Milch recycelt (siehe folgender Punkt mit Bodensystem) wird diese kälter sein!

Kontrollsystem (Luxusvariante)

Über das Kontrollsystem kann man die Qualität des Wurfs schnell beurteilen, ob die gewünschten Stellen abgedeckt sind bzw. ob es zuviel des Guten war. Ich möchte es nicht missen, es zieht aber die Batterie der Kamera schneller leer!

Kontrollsystem zur Überprüfung des letzten Milchschwalls
Kontrollsystem zur Überprüfung des letzten Milchschwalls

Hintergrundsystem + Untergrundsystem

Als Hintergrundsystem verwende ich schwarze Teichfolie. Diese hat kein Problem mit Feuchtigkeit (beim ersten Shooting mit dem typischen „Fotografenkarton“ war dieser schnell beim Teufel). Im Baumarkt bekommt man diese Folie in nahezu beliebiger Größe.

Die Farbe des Hintergrundsystems wird über einen Blitz mit entsprechender Farbfolie gestaltet. Zu sehen auf dem letzten Beispielfoto hier der blaue Blitz hinten, der gegen das Hintergrundsystem blitzt (wurde nur umgedreht, damit er sichtbar wird). Aus Schwarz wird dann z.B. Blau – wie in den Beispielbildern zu sehen ist.

Am besten bildet man mit dem Hintergrundsystem (ich habe schon meine Befestigungshaken in der Garagendecke) dann auch gleich das Untergrundsystem (in Form einer großen Wanne). Der Vorteil der Wanne ist, dass man aus dieser dann die Milch per Schwamm wieder aufsaugen kann.

Eine gute Wurftechnik

Diese sollte im Vorfeld unbedingt trainiert werden. Bitte keine Modelle damit plagen! Ich bevorzuge meine 0,4 Liter Teetasse. Der Trick ist der Schwung aus dem Handgelenk, der in einer Kreisbewegung von unten ausgeführt wird. Die Kleiderbahnen sollen ja dynamisch nach oben gehen (sprich der „Stoff“ soll natürlich fallen). Also muss der Werfer runter in die Knie!

Wurftechnik für breiten „Flüssigkeitsfächer“
Wurftechnik für breiten „Flüssigkeitsfächer“

Testen, testen, testen! Dabei kann man auch gleich das komplette Equipment testen – sprich reagieren die Blitze, wird die Flüssigkeit im Flug komplett eingefroren abgebildet, usw.

Acht Liter Vollmilch pro Milchkleid

Je nachdem wie viele Kleider mit verschiedenen Posen gewünscht sind, benötigt man die entsprechende Milchmenge. Die Milch kann man aus dem Bodensystem teilweise wiederverwenden. Aber nicht alles. Einiges wird darüber rausgehen und einiges läuft durch zu schwungvolle Würfe die Wand runter.

Wichtig ist Vollmilch (und diese am besten gekühlt). Der Fettgehalt der Milch bestimmt auch das Flugverhalten.

Ablauf eines Milchkleid-Shootings

Modelle finden, die wirklich Kälte und Nässe abkönnen (wer nicht einmal kurz kalt duschen kann, könnte ein Problem bekommen). Dabei ist als Kleidung ein Slip das Maximum und selbst der kann bei manchen Fotos dann bei der Retusche stören. Wer also als Modell mit oben ohne ein Problem hat (was man ja später auf dem Foto nicht mehr sieht), sollte sich eine Bewerbung auf so ein Shooting verkneifen. Da die Vorbereitung und Durchführung extrem viel aufwendiger ist als bei „normalen“ Shootings, will man als Fotograf 100 Prozent zuverlässige Modelle. Wenn diese gefunden sind, dann kann man starten.

Modell auf Position platzieren und alle Einstellungen an Kamera vornehmen (hier sollte man die Schärfentiefe beachten). Kontrolle durchführen!

Als Erstes gilt es eine passende Pose zu finden. Das kann von einer Ballettpose bis hin zu einer stehenden 60er-Jahre-Pin-Up-Pose alles sein. Diese Pose sollte optimal gewählt werden. Dafür kann schon mal eine halbe Stunde fällig werden. Das ist in Ordnung, denn bei einer falschen Pose kann man sich den Rest komplett schenken. Wichtig bei der Pose ist, dass diese gut gehalten werden kann.

Nach dem Festlegen der Pose wird das Licht (also unsere Blitze) entsprechend eingestellt. Wieder sind Kontrollaufnahmen notwendig.

Ist die Pose gefunden, wird hier diese als Grundlage fotografiert. Hier erfolgt nochmals die letzte Kontrolle der eingestellten Werte der Kamera und des gewählten Bildausschnitts. Beim Bildausschnitt muss genug Raum um das Modell vorhanden sein für die fliegende Flüssigkeit.

Jetzt kann man von oben nach unten und von rechts nach links arbeiten.

Im ersten Schritt wird für den Oberkörper (z.B. Träger) die Flüssigkeit entsprechend geschüttet bzw. gespritzt. Soll das Kleid Träger haben, wird das Modell an den Schultern mit Flüssigkeit übergossen. Hier sollte genügend Flüssigkeit benutzt werden, damit die Brüste bereits überdeckt werden. Es geht definitiv nicht um Aktfotografie, sondern um ausladende Kleider!

Ist das Milchkleid trägerlos, hat es sich für mich trotzdem als praktikabel herauskristallisiert, immer beim Oberkörper anzufangen.

Jetzt von oben nach unten. Wichtig beim unteren Bereich (Becken und Beine) ist, dass die Milch eine runde Flugbewegung von unten nach oben macht, was das natürliche, dynamische, wallende, fliegende Erscheinungsbild von bewegtem Stoff nachahmt. Für Kniegeschädigte ist das Werfen der Milch nicht unbedingt ideal.

Hat man alle Stellen mit diesem Winkel abgedeckt, dann kann der „Milchwerfer“ weiter in 20-Grad-Schritten um das Modell nach vorne kreisen und auch hier wieder von oben nach unten arbeiten. Der Milchwerfer sollte natürlich nicht im Foto das Modell überdecken.

Hier arbeitet man sich vor, bis man auf der anderen Seite des Modells angekommen ist.

Die gute Nachricht ist: Die Rückseite des Models benötigt keine weiteren Milchwürfe, da diese ja auf dem endgültigen Foto nicht sichtbar ist. Wir haben also „nur“ 180 Grad, die wir abdecken müssen.

Letzte Kontrolle aller entstandenen Fotos, ob alle gewünschten und wichtigen Bereiche durch die einzelnen Fotos mit der fliegenden Flüssigkeit abgedeckt wurden. Sollte etwas fehlen, kann man jetzt noch weitere Fotos machen. Hat das Modell seine Position verlassen, wird es deutlich schwieriger. Nach dem Shooting hat der Fotograf dann Spaß mit der Bildbearbeitung, da die einzelnen Bilder zu einem zusammengesetzt werden müssen. Hier rächt es sich, falls man einen Bereich vergessen haben sollte.

Nach dem Shooting ist vor dem Shooting. Meistens wird man mehr als ein Milchkleid fotografieren wollen. Das Modell sollte die Möglichkeit haben, sich abzuduschen.

Weitere Milchkleider fotografieren

Normalerweise wird man des Aufwands wegen nicht nur mit einem Modell und nicht nur ein Milchkleid fotografieren. Nach dem ersten Modell kommt das zweite und das erste Modell kann sich aufwärmen (Bademantel ist Gold wert).

Die Kleiderfarbe kann mit Lebensmittelfarbe erzeugt werden. Dazu wird die entsprechende Menge in die Milch gemischt. Diese kann nun auch vom Boden stammen, da durch die Farbe vieles überdeckt wird.

Milchkleid in Rot
Milchkleid in Rot

Nach dem Shooting: Aufräumen

Nach dem Shooting ist aufräumen angesagt. Man möchte ja nicht, dass die Milch oder der Garagenbesitzer sauer wird. Wieder ist eine Garage eine gute Option, da man hier mit dem Gartenschlauch den gröbsten Dreck schnell entfernen kann.

Hat man allerdings vergessen, eine Seitenwand abzudecken, hat man diese (in meinem Fall wegen der bunten Milchkleider) mit netten, kleinen, bunten Punkten verziert. Für mich eine schöne Erinnerung an das Shooting, die vielleicht nicht jeder haben möchte.

Die Menge an Milchverpackungen ist dann doch erstaunlich.

Ende des Shootings - Aufräumen
Ende des Shootings - Aufräumen

Bildbearbeitung nach dem Shooting

Ab jetzt beginnt der Spaß für den Nachbearbeiter (der oft genug der Fotograf selbst ist). Man „näht“ gewissermaßen aus vielen Einzelfotos die einzelnen Milchwürfe zusammen, als wären es Stoffbahnen.

Die Milchschwalle werden über die Bildbearbeitung freigestellt. Dies ist umso einfacher, je stabiler das Modell stand. Hier werden noch einige Stunden für die Bildbearbeitung aufgewendet. Je nach Komplexität kann man pro Bild schon mal von einem Tag Bildbearbeitung ausgehen (und ich bin schnell und geübt).

Viel Spaß beim Fotografieren

Jetzt kann ich nur noch viel Spaß beim Probieren wünschen oder viel Spaß denen, die gerne Shitstorm wegen der verwendeten Lebensmittel machen. Vorschlag wäre hier der Hashtag #manSpieltNichtMitLebensmitteln


Listen für die Vorbereitung

Benötigtes Equipment

Equipment Fotograf:

Verbrauchsmaterial:

Mitbring-Liste fürs Modell:

Aufgabenliste für Modell im Vorfeld:

Danke an meine zwei Modelle

Vielen Dank an meine zwei Modelle, die auf den obigen Fotos zu sehen sind. So viel Spaß und Zuverlässigkeit erlebe ich selten. Das Modell C.h.Christine ist auf Instagram unter https://www.instagram.com/c.h.christine/ zu finden und kann gebucht werden.

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